Es sind mittlerweile gut 10 Jahre vergangen seit ich in der Ambulanten Altenpflege gearbeitet habe, aber dieses Erlebnis werde ich ziemlich sicher niemals vergessen. Damals war ich für die Pflege und gleichzeitig für die Hauswirtschaftliche Versorgung zuständig und bekam eines Tages eine neue Patientin, wo Beides gebraucht wurde. Die Adresse war leicht zu finden, das ruhige Wohnviertel kannte ich bereits recht gut. Die schwere Messingbeschlagene, dunkelbraune Eingangstür des dreistöckigen, grauen, sehr alten Hauses , befand sich direkt neben einem verschlossenem Geschäft, dessen Schaufenster und die Ladentüre mit heruntergelassenen rot-weiß gestreiften Jalousien die Sicht nach innen verhinderte. Auf mein Klingeln summte der Türöffner und im Hausflur empfing mich eine kleine, zerbrechlich wirkende Frau um die achtzig Jahre, sie stand an der ersten Wohnungstür im Erdgeschoss, es gab nebenan noch eine weitere. Sie wartete bereits auf mich und forderte mich mit unerwarteter kräftiger Stimme und herzlichem Händedruck auf einzutreten.
Es war kein großer Pflegeaufwand zu bewältigen, einzig und allein das Anziehen der Kompressionsstrümpfe und das war im Nu geschehen. Danach erkundigte ich mich, was ich noch für sie tun könnte, da war ja noch die Hauswirtschaftliche Versorgung zu erledigen, sie bat mich deshalb darum die Wohnung zu saugen, das würde ihr sehr helfen da ihre Kraft dazu nicht ausreichte. Ihre Wohnung bestand aus zwei mit einer Tür verbundenen Wohnungen, die zweite Wohnungstür die ich im Hausflur sah, mit sieben unterschiedlich großen Zimmern in der die Frau ganz alleine lebte. Es fiel mir vorher bei meiner Pflegetätigkeit nicht auf, aber jetzt hatte ich das Gefühl durch eine Zeitschleuse gegangen zu sein, plötzlich befand ich mich im Jahr 1955!!
Möbel, Vorhänge, Teppiche, Bilder und selbst Lampen alles im Stil dieser Zeit. Die Betten, es gab ein Schlafzimmer mit Ehebett und zwei Zimmer mit jeweils einem Einzelbett, waren ordentlich gerichtet und mit Tagesdecken bedeckt, im Wohnzimmer stand noch ein Radiogerät aus dieser Zeit. Alles war ordentlich, aufgeräumt, sauber und wirkte irgendwie unbewohnt, wie ein Museum. Am äußersten Ende der Wohnung(en) gab es eine geräumige Küche, erstaunlicher weise sehr behaglich und nicht verwaist wirkend, von der aus noch eine weitere Türe in einen anderen Raum führte. Auf meine Frage ob ich auch hinter der verschlossenen Türe saugen soll, huschte der Frau ein Lächeln über das Gesicht und sie öffnete die Tür und winkte mich herbei. Als ich sah was sich dahinter verborgen hatte fehlten mir irgendwie die Worte und mir stockte ein bisschen der Atem.
Teil 2 folgt 😉