In einem Hotel ist grundsätzlich immer Abwechslung angesagt, egal ob es sich dabei um die außergewöhnlichen Macken der Gäste, verschwundene Ehemänner oder Pannen wie überflutete Badewannen handelt. Oftmals ist für mich persönlich noch mehr geboten als mir lieb ist.
Ich wohne in einer Wohnung die sich nur geschätzte 20 Meter gegenüber des Hotels befindet, mit direktem Blick auf die Fenster und Balkone des Hotels. Manche Anblicke die sich mir unausweichlich bieten wenn ich aus meinen Fenstern schaue sind doch ein wenig sagen wir skurril. Da stehen unter anderem ältere Herren auf den Balkonen, um die dünnen Beine wedelt eine viel zu große Schlabberunterhose aus Feinripp und der nackte runzelige Oberkörper hebt sich farblich kaum von der sehr hellen Hauswand ab. Kein schönes Bild, was aber noch getobt werden kann, wenn der Feinripp durch einen Tanga ersetzt wurde, ein Anblick des Grauens.
Apropos Anblick, wir wechseln routinemäßig einmal in der Woche die Wäsche in den Hotelzimmern. Dazu läuten wir erst an der Zimmertüre und wenn nach mehrmaligem klopfen und klingeln keiner öffnet, treten wir ein und wechseln die Wäsche. Vor kurzem aber passierte es, das auch nach Vollzug des Klopf- und Klingelrituals keiner öffnete. Ich, mit einem Stapel sauberer Handtücher auf dem Arm, war in der Annahme die Gäste hätten das Zimmer bereits verlassen und trat ein. Mit Schwung stieß ich die Badezimmertür auf und schloss sie sofort wieder.
Unter der Dusche stand der Gast, eingeseift von oben bis unten, ja unten, denn da fiel mein Blick als erstes hin. Was ich da sah versetzte mich in einen leichten Schockzustand, denn was ich da sah war unauffällig, verschrumpelt, irgendwie vertrocknet. Seit dem Tag mache ich mich an jeder Tür eines Hotelzimmers zusätzlich durch lautes Rufen bemerkbar bevor ich eintrete, vergleichbare Anblicke ertrage ich eventuell kein zweites Mal ohne bleibende psychische Störungen.
Ich schlafe gerne lange und manche unserer Gäste auch, richtig so es gibt kaum etwas was mehr entspannt. Wenn man aber als Dame älteren Baujahres Mittags um zwei im kurzen Nachthemd durch die Eingangshalle schlurft, ein Guten Morgen flüstert das ich akustisch kaum verstand und dabei den Duft eines fiesen Kräuterelixiers verströmt, tränen mir doch ein wenig die Augen. Letztens zeigte mir ein Gast, wieder mal beim Wäschewechsel, seine nackten Beine und meinte stolz, dass wären seine Yogabeine. Aha, und was soll das bedeuten, ich rätsle immer noch? Natürlich macht Abwechslung das Leben erst interessant, aber in diesem geballten Ausmaß?
Wir haben jetzt Mitte Januar und es ist definitiv zu kalt für Frühsport nur in Unterhosen auf dem Balkon und Rauchen geht auch nur dick eingemummelt dort, eine Erholung für meine Augen aber das Frühjahr naht! Liebe Männer kaum etwas anderes macht einen Mann unattraktiver als dunkle Kniestrümpfe zu Sandalen der Marke „Jesus die Heide blüht“, kombiniert mit viel zu weiten Shorts die, die dürren Beine so richtig zur Geltung bringen.
Klar könnte ich mir die Anblicke ersparen, muss ja nicht aus den Fenstern meiner Wohnung schauen, könnte auch den ganzen Tag die Jalousien geschlossen lassen, aber das ist doch wahrhaftig keine Option. Ich muss die nackten Tatsachen nur noch bis Oktober ohne bleibende psychische Schäden überstehen, denn dann geht es für mich zurück nach München. Ob es da besser ist? Keine Ahnung, aber anders schräg 😉